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Vorgeschichte

DIE GRÜNDERJAHRE
1845 - 1925

Die Gründerjahre

Aus der Vorgeschichte der Hochschule für Musik und Tanz Köln
Die Jahre 1845 - 1925

Im Jahre 1845 schlossen sich der Stadtrat und die Vorstände der Musikvereine Kölns einem Vorschlag des Kapellmeisters des Stadttheaters und Städtischen Musikvereins Heinrich Dorn an, eine musikalische Lehranstalt zu gründen, die aus Mitteln kunstliebender Bürger – damals mit einem jährlichen Betrag von 10 Talern – finanziert werden sollte. Unter Dorns Leitung konnten im gleichen Jahr Ausbildungsklassen für Klavier, Violine sowie Solo- und Chorgesang eingerichtet werden. Zunächst scheiterte die Institution jedoch an der Enge ihres Lehrangebots, das sich auf die Lehrerschulung und die oben benannten Ausbildungsklassen beschränkte und an dem Umstand, dass nur Bewohnern der Rheinprovinz der Schulbesuch erlaubt war. So schrumpfte der anfangs schon geringe Bestand von neun Schülern im Jahr 1848, als Dorn einem Ruf als Hofkapellmeister nach Berlin folgte, auf drei zusammen.

Ferdinand Hiller, Schüler von Johann Nepomuk Hummel und bis dahin als Vorgänger Robert Schumanns Düsseldorfer Musikdirektor, leitete als Nachfolger Dorns eine Erweiterung des Unterrichtsplans ein. Nicht nur Lehrer, sondern auch Berufsmusiker sollten zukünftig in den Fächern Violine, Klavier, Komposition, Orgel, Violoncello, Gesang, Harmonielehre, Kontrapunkt und Deklamation ausgebildet werden. Dementsprechend wurde auch die Bildung von Ensembles in die Schulstatuten aufgenommen. Die derart neugestaltete musikalische Einrichtung wurde am 4. April 1850 offiziell ins Leben gerufen. Untergebracht war sie in den Räumlichkeiten der Musikalischen Gesellschaft am Marienplatz Nr. 6.

Eine Umbenennung der Musikalischen Lehranstalt in „Conservatorium der Musik in Coeln“ folgte 1858. Man mag darüber spekulieren, ob dies eine Reaktion auf das bereits 1843 von Mendelssohn Bartholdy gegründete Leipziger Konservatorium war oder einfach eine Orientierung an der damals üblichen Begrifflichkeit. 

Mit der Umstrukturierung der  Ausbildungsstätte wurde der Zugang nun nicht mehr auf die Bewohner der Rheinprovinz beschränkt. So stieg im Laufe der Jahre die Schülerzahl stetig an. 1850 hatte Hiller mit 17 Schülern begonnen. Als er 1884 von seinem Amt zurücktrat, besuchten bereits 172 Schüler das Konservatorium. Die finanzielle Förderung durch Kölner Bürger und der jährliche städtische Zuschuss (dieser stieg von 1.500 Mark im Jahr 1859 auf 6.000 Mark im Jahr 1884) taten ein Übriges zur Stabiliserung des Konservatoriums.

Aber nicht nur die Schülerzahl und die finanzielle Ausstattung, sondern auch die künstlerische Bedeutung der Einrichtung wuchs unter Hillers Leitung kontinuierlich. Das „Conservatorium der Musik in Coeln“ entwickelte sich zu einem bedeutenden Musikzentrum der Stadt und gewann Ausstrahlung weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus. Hillers engagiertem Wirken war es zu verdanken, dass zahlreiche bedeutende Talente den Weg nach Köln suchten. Erinnert sei hier beispielhaft an die wohl bekanntesten Schüler von Hiller, Max Bruch und Engelbert Humperdinck.

Darüber hinaus verfielfachte sich der Anteil ausländischer Schüler. Über Holland, Belgien und England reichte der Einzugsbereich des Konservatoriums nunmehr bis Nordamerika und Australien. 

Begünstigt wurde die rasante Entwicklung auch durch den Bezug eines neuen Gebäudes. Nach einem kurzen Gastspiel in der Glockengasse und Marzellenstraße, konnte das Kölner Konservatorium 1873 in ein eigenes, von Joseph Felten entworfenes Schulgebäude in der Wolfsstraße einziehen. Neben zahlreichen Unterrichts- und Vortragsräumen waren dort eine Bibliothek sowie ein Bühnen- und Konzertsaal, der samt Orchesterbühne mit Orgel 350 Sitzplätze bot, vorhanden.

Nachfolger Hillers wurde 1884 Franz Wüllner, der bereits an den Musikschulen in München und Dresden zahlreiche Erfahrungen gesammelt hatte. Er machte sich umgehend an eine Erweiterung des Kölner Konservatoriums, in dem er eine berufsbildende Opern- und Orchesterschule und eine Chorschule einrichtete; ansonsten hielt er an der Konzeption von Ferdinand Hiller fest. 

Um die Jahrhundertwende zählte das Kölner Konservatorium bereits mehr als 50 Dozenten und über 500 Schüler. So konnte der Generalmusikdirektor Fritz Steinbach 1903, in der Doppelfunktion des Gürzenich-Kapellmeisters und Direktors des Konservatorium ein ausstrahlungskräftiges Musikinstitut von Wüllner übernehmen. Steinbach initiierte die Einrichtung von Vorschul-, Konservatoriums- und Meisterklassen und die Gründung eines Opernstudios sowie 1910 die Einführung des Unterrichtsfaches Rhythmische Gymnastik. 

Waren Frauen im Lehrerkollegium bis dahin ausgeschlossen, Wüllner hatte sich vehement gegen die Aufnahme von Frauen gewehrt, so assistierten jetzt zeitweilig Elly Ney und Lonny Epstein in der Klavierklasse von Carl Friedberg.

Bis zum Jahr 1914 stieg die Schülerzahl auf 824. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, dessen Beginn zeitlich etwa mit der Abdankung von Fritz Steinbach zusammenfiel, begann für das Kölner Konservatorium ein schwerer Kampf um die Existenz. Viele Lehrer und die Mehrzahl der Verwaltungsangestellten wurden zum Heeresdienst einberufen. Auch ein großer Teil der männlichen Schüler wurde rekrutiert, so dass sich die Schülerzahl im Schuljahr 1914/15 auf 576 reduzierte.

In dieser schwierigen Zeit übernahm der Städtische Musikdirektor Hermann Abendroth die Leitung des Konservatoriums. Einen Schwerpunkt seiner Arbeit legte er auf die Entwicklung einer Orchesterschule und die Fortführung der von Steinbach errichteten Dirigentenklasse. Ansonsten blieben die Grundlinien des Lehrangebots unberührt. 

Unter der Federführung von Hermann Abendroth stieg bis zum ersten Nachkriegsjahr die Schülerzahl des Konservatoriums wieder auf über 1100 an. Die finanziellen Verhältnisse wurden jedoch zunehmend problematischer. Die rasante Geldentwertung führte zu einer nicht mehr beherrschbaren Spirale, die sowohl die Frage der Gehälter, des Schulgeldes und des städtischen Zuschusses betraf. Das Inflationsjahr 1923 zerstörte gänzlich die Finanzierungsgrundlage des Konservatoriums. Die privaten Stiftungsfonds waren zusammengeschmolzen und die preußische Regierung hatte ihre Zuschüsse storniert. 

Entsprechend einer Forderung von Leo Kerstenberg, Referent für musikalische Angelegenheiten im Preußischen Kultusministerium erarbeitete die Konservatoriumsleitung nach dem Vorbild der Berliner Hochschule eine neue Satzung sowie eine Studien- und Prüfungsordnung. Im Oktober 1925 konnten die Staatliche Hochschule für Musik Köln und die mit ihr verbundene Rheinische Musikschule  die Nachfolge des Konservatoriums antreten. Staatliche Aufsicht und vornehmlich  städtische Finanzierung gingen in diesen beiden musikalischen Einrichtungen eine Verbindung ein.

Literatur

  • Helmut Jensen, Untersuchungen zum Kölner Musikleben am Anfang des 20. Jahrhunderts, in: Beiträge zur Rheinischen Musikgeschichte, Heft 84, Köln 1969.
  • Otto Klauwell, Das Konservatorium der Musik in Köln. Festschrift zur Feier seines 50jährigen Bestehens, Köln 1900.
  • Klaus Körner, Das Musikleben in Köln um die Mitte des 19. Jahrhunderts, in: Beiträge zur Rheinischen Musikgeschichte, Heft 83, Köln 1969.
  • Heinrich Lindlar, 130 Jahre Rheinische Musikschule Köln, Erbe und Auftrag, Köln 1975.
  • Paul Mies, Aus der Vorgeschichte der Hochschule, in: Festschrift zur Feier der Gründung des Kölner Konservatoriums im Jahre 1850 und der Staatlichen Hochschule für Musik Köln im Jahre 1925, S. 11 – 22, Köln 1950.
  • Ernst Wolff, Das Konservatorium der Musik in Köln. Festschrift zur Feier seines 75jährigen Bestehens, Köln 1925.