Wall of Fame

Portraits

WALTER BRAUNFELS
19. Dezember 1882 - 19. März 1954
Komponist und Pianist

Walter Braunfels

Walter Braunfels  war, gemeinsam mit Hermann Abendroth, Gründungsrektor der Kölner Musikhochschule und leitete diese bis zu seiner Entlassung durch die Nationalsozialisten 1933. 1945 nahm er die Leitungstätigkeit wieder auf und blieb bis 1949 Rektor. Nach einem Jahr als repräsentativer Hochschulpräsident ging er 1950 in den Ruhestand. 

Sein Studium der Nationalökonomie und des Rechts brach er 1902 ab und widmete sich der Musik. Im Folgenden feierte er erste Erfolge als Pianist. Am Beginn der komponistischen Karriere stand die Kantate „Offenbarung Johannis“ für Tenor-Solo, Chor und großes Orchester, deren Uraufführung 1910 in Zürich stattfand. Kriegserfahrungen und intensive Beschäftigung mit dem Christentum lassen ihn im Laufe des ersten Weltkrieges in die katholische Kirche eintreten. Sein „Te Deum“ (1920/21) wollte Braunfels daher auch religiös-bekenntnishaft verstanden wissen. Ebenso lässt es sich in seiner Traditionsgebundenheit als Gegenentwurf zu moderneren Strömungen in der Musik der Zeit lesen. Die Musik sah er Zeit seines Lebens als Abbild einer göttlichen Ordnung. Zur Schule um Schönberg ging er auf Distanz und bezeichnete sie einmal als „ungemein anregenden Irrgarten“ (Brief vom 04.04.1925). Trotz seiner traditionellen Ausrichtung versuchte er immer wieder eine neue, eigene Tonsprache zu finden. Seinen endgültigen Durchbruch erlangte er mit der Oper „Die Vögel“ (1920). 

Die Kölner Aufführung des „Te Deum“ bewegte den damaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer dazu, sich für die Berufung von Braunfels als einer der beiden Gründungsrektoren der Kölner Musikhochschule einzusetzen. Adenauer und Braunfels verband seit dieser Zeit eine intensive Freundschaft. Mit Hermann Abendroth, dem anderen Gründungsrektor, war Braunfels schon seit seiner Schulzeit freundschaftlich verbunden. 1933 entließ man ihn aus allen seinen Ämtern, da Braunfels von den Nationalsozialisten als ‚Halbjude‘ eingestuft wurde. Um sich dem Fokus der Aufmerksamkeit zu entziehen, zog er zunächst nach Bad Godesberg, 1937 dann an den Bodensee in Grenznähe zur Schweiz, wo Freunde des Ehepaars Braunfels lebten. Ein Aufführungsverbot seiner Kompositionen veranlasste Walter Braunfels rückblickend zu den Worten: „niemand, der es nicht selbst erlebte, wird ermessen können, was es für einen Komponisten, der die Befruchtung durch das Hören seiner Werke dringend bedarf, bedeutet, schaffen zu müssen, ohne eine Antwort zu erhalten.“ 

In den Jahren von 1938 bis 1943 entstand die Oper „Szenen aus dem Leben der Heiligen Johanna“. Wie wirksam die Verbannung eines vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten sehr bekannten Komponisten auch noch nach 1945 sein konnte, zeigt die Tatsache, dass diese Oper ihre konzertante Uraufführung erst 2001, ihre szenische erst 2008 erfuhr. 1945 wurde er wieder als Rektor der Kölner Musikhochschule eingesetzt und begann mit dem Wiederaufbau. Wegen der finanziell schwierigen Situation verzichtete er auf 1/3 seines Gehalts. Auch die Diskussionen um die NS-Vergangenheit zahlreicher wiedereingestellter Lehrender war eine große Herausforderung. 

Sein Versuch auch als Komponist an seine Erfolge vor der NS-Zeit wieder anzuknüpfen scheiterte und erst seit einigen Jahren wird man wieder auf die Hinterlassenschaft von Walter Braunfels aufmerksam. Das zeigt sich an wissenschaftlichen Beiträgen zu seinem Leben und seinen Werken, wie auch an häufigeren Aufführungen seiner Kompositionen.

Martin Berghane